Archiv des Autors: evawolkerstorfer

Von Spatzen, die zwitschern und Tauben die gurren

Der Nebel lichtet sich. Und zwar dann, wenn es um die praktische Anwendung, und nicht um die genaue Funktionsart diverser sozialer Netzwerke und Kurznachrichtendienste geht. Facebook gehört mittlerweile für den Otto Normalverbraucher zum Alltag, wie die Marmelade auf das Frühstücksbrot.  Ewas exotischer und exklusiver wird es dann in der Twitter’schen Welt: Dort tummeln sich hauptsächlich Protagonisten der österreichischen Medienszene und zwitschern sich gegenseitig ihre Spatzenpost um die Ohren. Mittlerweile ist auch schon das ein oder andere Mal durchgesickert, dass der Österreichische Twitter-Häuptling Armin Wolf ist. Dazu passend von meinem Kollegen Matthias Humer:

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Im November nutzten den Kurznachrichtendienstes in Echtzeit insgesamt 870 Millionen Menschen. Tweets – das sind Kurznachrichten, die aus maximal 140 Zeichen bestehen – werden im Sekundentakt ins Netz geschleudert. Diese können mit Hashtags (#), Verlinkungen auf andere Nutzer (@), Bilder oder Links versehen sein. Ebenso haben registrierte User die Möglichkeit, Listen von jenen Personen zu erstellen, die sie besonders interessieren. Das geht ganz einfach: Im Suchfeld rechts oben können die Nutzer die jeweiligen Personen in eine Liste hinzufügen und auch wieder entfernen. Mit dem Hashtag wird zu einem Begriff eine Sammlung angelegt, die diese Wörter enthalten. Die weltweite Twitterfamilie kann dadurch mitverfolgen, was sich unter einem bestimmten Schlagwort gerade in der Twitterwelt abspielt. Unter tweetedtimes.com können sich die User eine auf ihre Twitter-Abonnements abgestimmte Zeitung zusammenstellen. Diese aktualisiert sich stündlich und muss nur mit dem Account verbunden werden.

Ein ähnliches Prinzip – nämlich dass die User auswählen können, welche Inhalte sie interessieren – verfolgen RSS-Feeds (=Really Simple Syndication). Blogs und Newsseiten können abonniert werden, dann folgt die Raubtierfütterung mit einem ausgiebigen Nachrichtenmenü (feed=füttern – logisch!). Meist bestehen diese Häppchen aus einer Schlagzeile, einem kurzen Textausschnitt und aus einer Verlinkung zur Originalseite der Nachricht. Diese Abos werden auf einer Cloud, wie etwa Feedly gespeichert und können in Kategorien eingeteilt werden. Dazu müssen einfach in der Suche die Blogs hinzugefügt werden. Ebenso finden sich für den Nutzer individuell abgestimmte Themenbereiche, die interessant für ihn wären.

Eine weitere Möglichkeit mit der die Nutzer Mediendateien – Audio und Video – abrufen können sind Podcasts. Das sind „Internet-Radiosendungen“, die online mit einem Podcast-Programm oder über einen Feedlink abonniert und abgehört werden können. Um selbst so eine Mediendatei zu erstellen benötigt man ein Mikrofon, einen Computer mit Internetzugang, ein Audio-Bearbeitungsprogramm und last but not least: Eine gute Idee! In Österreich sind allerdings usergenerierte Podcasts kaum verbreitet. Unter anderem kann die Ö1 Journale via Podcast abgehört werden. Hier eine Liste mit Angeboten aus Österreich und den deutschsprachigen Top 100. Anbieter sind unter anderem iTunes, diverse Radiostationen, Universitäten, Unternehmen, Privatpersonen.

Facebook dient mir vor allem zur privaten Kommunikation. Die Raubtierfütterung, wie oben erwähnt, fällt hier weg und wird durch das Tauben-Prinzip ersetzt. Denn: Am Gang zum Meldungs-Buffet muss man die Augen nach spannenden Nachrichten schon sehr weit aufmachen: Die Guten ins Gröpfchen, die Schlechten ins Töpfchen. Zwischen einer großen Menge an #so#in#love# pictures oder Max Mustermanns Mitteilungsbedürfnis, dass er gerade am Weg ins Fitnessstudio ist, ist der Anteil an wirklich spannenden Meldungen eher unterrepräsentiert. Doch auch Facebook-Nutzer können Listen mit besonders relevanten Listen erstellen und Personen/Seiten/Musiker liken, über die sie Informationen erhalten wollen. Persönlich dient mir Facebook hauptsächlich als Unterhaltungs- und Kommunikationsmedium. Und natürlich interessiert es mich auch, wann Max Mustermann ins Fitnessstudio geht und wer gerade so.in.love. ist.

Oh, ein Blog ist geschlüpft

«Wenn Sie glauben, zukünftig in einer Redaktion zu sitzen, um nette Kultur-Artikel zu schreiben – vergessen Sie’s!« Ja, die erste Einheit der Vorlesung «Online Journalismus« war ziemlich ernüchternd. Vor allem für all jene, die sich mit dem angekündigten Tod der Printmedien noch nicht angefreundet haben. Unser Vortragender, Heinz Wittenbrink, führte uns in die Zukunft des Journalismus. Oder zumindest in die Richtung dorthin. Oder noch besser gesagt: Weg von der Zeitung – rein ins World Wide Web. Dies war mit einer Aufgabe verbunden: Erstellen Sie einen Blog! Gesagt – getan. Die ersten Gehversuche in der Blogger Szene widmen sich Reflexionen über die jeweiligen Unterrichtseinheiten.

Dem kränkelnden Printjournalismus wird also ein langsam schleichender Tod diagnostiziert. Klar, schon oft gelesen. Auch klar, dass wir uns beruflich in einer völlig anderen Ausgangssituation befinden, als die Generation vor uns. Schnelligkeit, Technik und Vernetzung sind die Schlagworte, mit denen wir uns herumschlagen und anfreunden müssen. Was bedeutet diese Entwicklung für die Rezipienten? Für das Berufsfeld Journalismus? Allgemein für die Kommunikation in einer Gesellschaft?

Bei traditionellen Printmedien bestimmt die Redaktion, welche Nachrichten an die Öffentlichkeit gelangen. Der Journalist hat eine Idee, recherchiert und schreibt anschließend eine Geschichte, deren Leser kaum die Möglichkeit haben, unmittelbar darauf zu reagieren. Von dieser unausgeglichenen Einwegkommunikation führt der Weg nun in ein globales Netz, in dem jeder seine Meinung mit seinen Mitmenschen teilen kann. Jeder hat zumindest die Chance, gehört zu werden. Er kann mit den Verfassern in Kontakt treten, mit anderen Nutzern kommunizieren und banal gesagt: überall seinen Senf dazu geben. Müssen wir uns jedoch wirklich vor folgendem Szenario fürchten?

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Das Netz bietet eine Flut an Informationen, sodass sich der User selbst am Häppchenbuffet der Kurznachrichten bedienen muss. Alles kann er nicht aufnehmen – Stichwort Information Overflow. Kurze, prägnante Nachrichten werden im Sekundentakt ins Web geschleudert. Jeder muss für sich selbst entscheiden, wem er auf Twitter folgt und wessen Artikel er liest.  Das Filtersystem verlagert sich von der Redaktion in die Hand der Leserschaft und grenzt die Themenbereiche individuell ein. Was eben im Printbereich vom Journalisten als Gatekeeper gemacht wird, liegt im Netz in der Hand des Einzelnen.

Das Hauptaugenmerk im Internet liegt auf der Schnelligkeit, nicht auf der sprachlichen Ausdrucksweise. Wenn es also hauptsächlich um schnelle Information geht, hat der Qualitätsjournalismus im Netz überhaupt Platz? Dass jedoch mit dem groß angekündigten Tod des Printjournalismus der Tod des Qualitätsjournalismus miteinbezogen ist, schließe ich aus. Die Möglichkeit, Bild, Text und Musik in einem Artikel zu vermischen und auf weiterführende Links hinzuweisen, bietet für die Rezipienten eine reale Visualisierung. Ein multimedialer Artikel der New York Times dient hierfür als gutes Beispiel: Snow Fall. Neben Text, Slideshows und kurzen Videobeiträgen erhalten die Rezipienten ein klares, reales Bild vor Augen und sind auch emotional näher an der Geschichte dran, als vielleicht traditionell mit Text und Bild.

Natürlich hat der Leser beim Kauf einer Zeitung ebenso die Wahl zu selektieren und zu entscheiden, welche Artikel er liest und welche nicht. Jedoch besteht die Möglichkeit, zumindest alle Bereiche zu überfliegen und vielleicht bei einer Geschichte oder Thematik hängen zu bleiben, die eigentlich nicht im persönlichen Interessensgebiet liegt. Man bewegt sich nicht in dem immer gleichen Themengebiet, sondern wird sozusagen zwangsbeglückt und erweitert so eher seinen Horizont, als sich immer nur im gleichen Terrain zu befinden.

Der Begriff Daten Journalismus tritt immer weiter in den Vordergrund. Das Netz wird nach Geschichten und Themen durchforstet und anschließend zusammengefasst, wie das in Deutschland kürzlich auch die Onlinezeitung Huffington Post macht. Laut eines Artikels der  «Zeit« wird alle 56 Sekunden etwas Neues veröffentlicht. Redakteure durchforsten die sozialen Netzwerke nach beliebten Geschichten, sammeln diese und fassen sie anschließend zusammen. Sieht so die Zukunft angehender Journalisten aus? Ich weiß es nicht. Jedoch weiß ich, dass ich mich der Beruf als Geschichten-Jägerin eher anspricht, als der der Geschichten-Sammlerin.